Vorbemerkung
Abschlussarbeit! Was für ein schönes, was für ein fürchterliches
Wort, was für ein treffendes, was für ein unpassendes Wort!
Wie schön ist es, eine Arbeit (endlich) zu Ende zu bringen - und die
Ausbildung zum Psychotherapeuten war unter anderem ein vor allem
langes und mit dem ersten Trainerpaar bzw. -trio oft auch hartes
Stück Arbeit -, indem ich noch einmal wesentliche Teile reflektiere,
offen für die Vergangenheit und Gegenwart „alte Erfahrungen“ aktuell
nachhole und neue hinzufüge. Wie fürchterlich ist es, mich noch
einmal einer großen, vor allem wenn sie von meinen
Grandiositätsvorstellungen aufgeblasen wird, Aufgabe zu stellen,
mich unter (Hoch-)
Leistungsdruck zu setzen und den dazugehörigen Versagensängsten
auszusetzen.
Wie treffend wird mit dem Wort Abschlussarbeit das Ende dieser
Arbeitsjahre bezeichnet, und wie unpassend ist es für einen
Zeitraum, in dem ich mich vor allem als Therapeut viel mehr am
Anfang als abgeschlossen fühle, und zwar ganz besonders in Bezug auf
jenes Konstrukt, dem ich zentrale Bedeutung bei meinen Betrachtungen
einräumen werde - der Beziehung.
Also „wage“ ich es das Werk anzugehen in einer Mischung von jener
Verbissenheit, die ich oft verleugnen will, von Offenheit für
Erfahrung, die ich für mich noch immer zu oft nur als Sehnsucht
spüre, und Angst vor Versagen, die in etwa 5 der von mir durchlebten
6 Lebens-jahrzehnte mein treuester Begleiter war (und ist), einer
Mischung, die zentraler Teil meines Selbstkonzeptes ist, das eben
mit diesem Werk zu erweitern mir mitunter aber eine geradezu
berauschende Hoffnung ist.
Ich will die Arbeit angehen in der Weise, dass jeweils meine
persönlichen Erfahrungen den Ausgangspunkt und damit auch das
Zentrale meiner Überlegungen bilden, die in zweiter Linie deren
Konfrontation mit Konstrukten der klientenzentrierten Theorie
gelten. Ich sehe mich in dieser Vorgehensweise ermutigt von dem oft
gehörten Satz Rogers’ „Das Persönlichste ist das Allgemeinste“
(Rogers 2000, S. 41) und von seinen grundsätzlichen Bemerkungen zu
wissen-schaftlichem Arbeiten, bei dem er von konkreten Erfahrungen
ausgeht, für die er eine „inne-wohnende Ordnung“ sucht (vgl. Rogers
1991, S. 13 ff). Allerdings will ich nicht in den (überhöhten)
Anspruch verfallen, neue Ordnungen zu suchen, sondern mich damit „begnü-gen“,
meine Erfahrungen Ordnungen aus der Literatur gegenüberzustellen.
Eine solche Arbeitsweise ist für mich neu, vor allem wegen des
ziemlich ungewissen Ausgangs, und ich will das auch formal
bekräftigen, indem ich mich erstmals der neuen Rechtschreibung
bediene - und viele Fehler darin riskiere.
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